Besonders im Rheinland hat die sog. "5. Jahreszeit", wie Karneval auch genannt wird, einen besonderen Stellenwert.
Für viele Karnevalistinnen und Karnevalisten zählen Weiberfastnacht und Rosenmontag zu den höchsten "Feiertagen" im Jahr. Daraus ergeben sich für das Arbeitsverhältnis immer wieder viele Fragen. Das gilt ganz besonders auch in Bonn und Beuel, wo die Weiberfastnacht "erfunden" wurde.
Anspruch auf "frei"?
Weiberfastnacht (Gründonnerstag) und Rosenmontag sind auch im Rheinland keine gesetzlichen Feiertage. Es besteht daher weder ein Anspruch auf bezahlte noch unbezahlte Arbeitsbefreiung. Arbeitsrechtlich handelt es sich um ganz normale Werktage. Das ist auch in den Karnevalshochburgen am Rhein nicht anders. Wer Karneval frei haben will, muß mithin frühzeitig Urlaub nehmen, es sei denn, der Arbeitgeber gibt ausnahmsweise freiwillig zumindest stundenweise, etwa für Besuche von Karnevalsumzügen, frei. Dabei gibt es weder einen Anspruch auf bezahlten noch zusätzlich unbezahlten Urlaub. Allerdings muß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die Interessen der Arbeitnehmer natürlich angemessen berücksichtigen. Zudem gibt es in manchen Betrieben Betriebsvereinbarungen mit REgelungen zu freien Tagen über Karneval.
Lehnt der Arbeitgeber zu Recht aus betrieblichen Gründen Urlaub ab, muß mithin auch über die Karnevalstage gearbeitet werden.
Unerlaubtes Fernbleiben von der Arbeit, wozu auch das Verlassen des Arbeitsplatzes für kurze Zeit während eines Karnevalsumzuges gehört, stellt dann rechtlich eine Arbeitsverweigerung dar. Wird diese abgemahnt kann im Wiederholungsfall vom Arbeitgeber notfalls auch fristlos gekündigt werden.
Karnevalsumzug im Fernsehen am Arbeitsplatz?
Grundsätzlich besteht auch kein Anspruch während der Arbeitszeit etwa Karnevalsumzüge im Fernsehen anzusehen. Anders ist das in der Regel bei Radioübertragungen, jedenfalls sofern das laufende Radio die Arbeit nicht stört, also der Arbeitsleistung nicht entgegen steht.
Kostümiert zur Arbeit?
Wenn betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen, bestehen keine Bedenken, an den Karnevalstagen kostümiert am Arbeitsplatz zu erscheinen. Anders ist das natürlich bei einer verbindlichen Kleiderordnung, wie etwa eine Uniformpflicht oder wenn wegen der Kleidung besondere Sicherheitsanforderungen gelten. Maßgeblich ist immer, daß die Arbeitsabläufe nicht gestört und die Sicherheitsbelange eingehalten werden.
Alkohol an Karneval?
Keine Besonderheiten ergeben sich auch für den Genuß von Alkohol am Arbeitsplatz bzw. vor der Arbeit. Der Arbeitnehmer darf seine Leistungsfähigkeit nicht durch Alkoholgenuß beeinträchtigen. Bestehen entsprechende Anhaltspunkte für den Arbeitgeber , darf er den Arbeitnehmer aus dem Betrieb verweisen, was eine unbezahlte Freistellung bedeutet. Die Vergütung ist dann natürlich für den Zeitraum futsch. Der Arbeitgeber kann dann auch abmahnen und im Wiederholungsfall ggf. kündigen.
Der Arbeitgeber kann auch für die Karnevalstage - wie auch sonst generell - ein Alkoholverbot für den Betrieb aussprechen. Oft sind solche Alkoholverbote bereits in Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen geregelt.
Rücksichtnahme auch an Karneval
Sowohl auf Karnevalsfeiern im Betrieb als auch während der Karnevalszeit überhaupt gilt natürlich auch das Verbot sexueller Belästigungen von Kolleginnen und Kollegen, wozu auch anzügliche Bemerkungen zählen. Das Gleiche gilt für Beleidigungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen wie auch Vorgesetzten. Beleidigungen gegenüber dem Chef können leicht eine fristlose Kündigung ggf. auch einmal ohne Abmahnung rechtfertigen.
Krawatte ab an Weiberfastnacht?
Als Beleidigung oder gar Tätlichkeit gegenüber dem Chef oder auch den Kollegen gilt nicht, wenn an Weiberfastnacht im Rheinland die Krawatte abgeschnitten wird. Wenn der Chef an Weiberfastnacht im Betrieb mit Krawatte erscheint, muß er das in aller Regel akzeptieren. Hier gilt eine stillschweigende Einwilligung oder gar Einladung, die schon darin gesehen wird, daß der Betreffende an Weiberfastnacht mit einer Krawatte das Haus verläßt, also auch den Betrieb aufsucht.
Zusammenfassend
ist festzuhalten, daß auch in den Karnevalshochburgen über Karneval die normalen Arbeitspflichten nicht suspendiert sind und in rechtlicher Hinsicht kaum Besonderheiten bestehen. Soweit der Arbeitgeber großzügig bezahlte oder auch unbezahlte Freizeit gewährt und während der Arbeitszeit, besonders an Weiberfastnacht und Rosenmontag, Feiern und karnevalistisches Treiben zuläßt, sind dies freiwillige Vergünstigungen des Arbeitgebers, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
Verfasser: Peter A. Aßmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bonn
26.06.2024
Es ist wieder Sommer und damit Haupturlaubszeit. Immer wieder stellen sich im Arbeitsverhältnis dabei Fragen, nämlich danach, ob überhaupt ein Anspruch auf Erholungsurlaub besteht, welchen Umfang dieser hat, wann er genommen werden kann bzw. vom Arbeitgeber gewährt werden muss und welche Vergütung zu zahlen ist. Der nachfolgende Beitrag will einige der Fragen kurz beleuchten.
1. Was ist Urlaub und wer kann Urlaub beanspruchen?
Urlaub ist die durch den Arbeitgeber gewährte Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht. Er dient in erster Linie der Erholung (Erholungsurlaub). Daneben ist auch Urlaub zur Betreuung eines Kindes (Elternzeit), zu Zwecken der Weiterbildung (Bildungsurlaub) etc. möglich. Beim normalen Urlaubsanspruch behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf Zahlung der Vergütung, obwohl er nicht arbeiten muss. Einen Anspruch auf (Erholungs-)Urlaub hat jeder Arbeitnehmer. Auch wenn er nur geringfügig beschäftigt ist (sog. Mini-Job, derzeit maximal 538 €/Monat) hat er einen Anspruch auf Erholungsurlaub, was vielfach nicht bekannt ist und daher oft auch nicht praktiziert wird. Der Urlaub ist zunächst im Gesetz (Bundesurlaubsgesetz) geregelt. Daneben finden sich vielfach auch Regelungen in Tarifverträgen und in den Arbeitsverträgen. Außerdem gibt es eine Europäische Urlaubsrichtline mit starken Auswirkungen auf das Urlaubsrecht in Deutschland. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch beträgt bundeseinheitlich 24 Werktage, wobei der Samstag mitgezählt wird. Bei einer – üblichen – 5-Tage-Woche beträgt der Anspruch auf Mindesturlaub daher 20 Arbeitstage. Daneben finden sich noch Sonderregelungen in verschiedenen Gesetzen, wobei von besonderer Bedeutung für Auszubildende das Jugendarbeitsschutzgesetz und für Schwerbehinderte das Schwerbehindertengesetz mit einem zusätzlichen Urlaubsanspruch von 3 Tagen ist. In Tarifverträgen und Arbeitsverträgen wird vielfach ein darüber liegender Urlaubsanspruch, nicht selten bis 30 Tage gewährt.
2. Wann entsteht der (volle) Urlaubsanspruch?
Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben, sofern die 6 Monate in einem Kalenderjahr liegen müssen. Beginnt also das Arbeitsverhältnis zum Beispiel am 01.01. entsteht nach dem 30.06. der volle Urlaubsanspruch von mindestens 24 Werktagen, so dass der Arbeitnehmer im Sommer (Juli/August) bereits den vollen Urlaubsanspruch geltend machen kann. Scheidet der Arbeitnehmer aus, bevor das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate bestanden hat, entsteht für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden hat, ein Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs. Das gleiche gilt für das jeweilige Kalenderjahr, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 01.07. begründet wird oder spätestens zum 30.06. endet.
3. Wie ist der Urlaub zu gewähren/festzulegen?
Die zeitliche Festlegung des Urlaubs geschieht durch den Arbeitgeber normalerweise aufgrund eines entsprechenden Antrages des Arbeitnehmers. Dabei muss der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers mit ggf. konkurrierenden Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer und möglichen dringenden betrieblichen Belangen gegeneinander abwägen. Bei dieser Abwägung sind insbesondere familiäre oder soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen, so dass im Zweifel Arbeitnehmern mit schulpflichtigen Kindern der Urlaub vorrangig in den Schulferien zu gewähren ist.
Wichtig außerdem: Der Arbeitnehmer darf den Urlaub nicht eigenmächtig antreten, wenn er nicht genehmigt wurde. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers ab, obwohl die Abwägung des Arbeitgebers sich als falsch erweist, darf der Arbeitnehmer trotzdem nicht einfach den Urlaub antreten. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitgeber auf den Urlaubsantrag nicht reagiert, es sei denn es gibt im Betrieb eine Regelung, wonach bei Nichtreaktion des Arbeitgebers innerhalb eines bestimmten Zeitraums der Urlaub als genehmigt gilt. Eine solche Regelungen kann sich aus einer betrieblichen Übung oder einer Betriebsvereinbarung ergeben. Hier ist aber Vorsicht geboten. Im Zweifel sollte der Arbeitnehmer sich unbedingt arbeitsrechtlich beraten lassen. Tritt er nämlich trotzdem den Urlaub an, kann das ein Grund für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein. Dem Arbeitnehmer ist stattdessen unbedingt zu raten, seinen Urlaubswunsch ggf. gerichtlich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht durchzusetzen.
4. Urlaub und Vergütung/Urlaubsgeld
Die normale Vergütung während des bezahlten Urlaubs wird als Urlaubsentgelt bezeichnet. Ist die Vergütung monatlich gleichbleibend, ist bei Urlaub in eben dieser Höhe das Urlaubsentgelt zu zahlen. Bei monatlich schwankendem Einkommen, wie dies häufig bei gewerblichen Arbeitnehmern der Fall ist, wird das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs bemessen. In Tarifverträgen finden sich dazu gelegentlich speziellere Regelungen.
Ein Teilzeitmitarbeiter kann ein Urlaubsentgelt beanspruchen, das anteilig nach dem üblichen Arbeitsverdienst eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers berechnet wird. Die Berechnung im einzelnen wie auch die Ermittlung des anteiligen Urlaubsanspruchs kann dabei je nach Gestaltung der Arbeitszeit beim Teilzeitmitarbeiter schwierig sein.
Vom Urlaubsentgelt zu unterschieden ist das sog. „Urlaubsgeld“. Dabei handelt es sich um eine zusätzliche Zahlung des Arbeitgebers, meist in einer pauschalen Höhe im Hinblick auf die mit dem Urlaub verbundenen Kosten. Ein Anspruch auf ein Urlaubsgeld ist gesetzlich nicht geregelt. Urlaubsgeld kann daher nur beansprucht werden, wenn eine entsprechende Regelung in einem einschlägigen verbindlichen Tarifvertrag, eventuell auch in einer Betriebsvereinbarung oder – häufig – im Arbeitsvertrag enthalten ist.
5. Urlaubsabgeltung
Als Urlaubsabgeltung bezeichnet man das „Abkaufen“ von Urlaub, also eine Zahlung – statt Urlaubsgewährung. Sie ist jedenfalls beim gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nicht zulässig. Der gesetzliche Urlaub dient der Erholung und damit auch der Erhaltung der Arbeitskraft. Er darf daher nach der gesetzlichen Regelung nicht ausbezahlt werden. Eine Urlaubsabgeltung kommt nur in Betracht und kann dann jedenfalls auch vom Arbeitnehmer verlangt werden, wenn der Urlaub im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr (vollständig) gewährt werden kann.
Wichtig: Auf den Urlaubsanspruch und einen bestehenden Urlaubsabgeltungsanspruch kann wegen der zwingenden Regelungen des Urlaubsrechts nicht verzichtet werden. Das gilt auch für eine Vereinbarung aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnis (z.B. Aufhebungs- bzw. Abfindungsvergleich).
6. Mitbestimmung des Betriebsrates
Ist im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden, können Urlaubsregelungen mitbestimmungspflichtig sein. Dies gilt insbesondere bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und bei streitiger Festlegung des Urlaubs im Einzelfall.
Wichtig: in den letzten Jahren hat das Urlaubsrecht, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof z.T. grundlegende Änderungen erfahren, z.B. bei der Behandlung des Urlaubsanspruchs bei langer Erkrankung, Übertragung auf das Folgejahr, Verfall wegen Nichtgewährung etc.. Bei Problemen bzw. Unklarheiten sollte daher in jedem Fall fachkundige Beratung, vorzugsweise durch eine(n) Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht eingeholt werden.
(Peter A. Aßmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bonn)
06.04.2023
Nicht selten wird in Arbeitsverhältnissen um die Bezahlung von Überstunden gestritten. Überstunden sind weit verbreitet. Für die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden und auch die Bezahlung finden sich teilweise regeln in Tarifverträgen oder auch in Arbeitsverträgen.
Was muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, wenn er Vergütung von Überstunden verlangt, der Arbeitgeber dies aber abgelehnt? Dazu sagt die Rechtsprechung:
-Zunächst die Anzahl der Überstunden und zwar konkret, an welchen Tagen von wann bis wann er Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat;
-dass die Überstunden vom Arbeitgeber veranlasst waren, sei es dass er sie ausdrücklich angeordnet, gebilligt, geduldet oder zumindest dass Sie zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig war.
Besonders bei längeren Zeiträumen, z.B. wenn die Überstunden erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden, haben Arbeitnehmer oft Schwierigkeiten die Voraussetzungen vorzutragen. Das betrifft zunächst die Tatsache, dass überhaupt Überstunden geleistet worden, insbesondere an welchen Tagen und von wann bis wann, aber auch, ob dies auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgte.
Dem Arbeitnehmer wird es in der Regel nur dann gelingen, die Anzahl der geleisteten Überstunden darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wenn der sich dazu Aufzeichnung gemacht hat und zwar jeweils zu den einzelnen Tagen mit Uhrzeiten, von wann bis wann er gearbeitet hat, sodass auf diese Weise unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Normalarbeitszeit dann die Überstunden ermittelt werden können.
Dazu hat das BAG in einem Urteil aus April 2022 entschieden, dass die dem Arbeitgeber nach neuerer Rechtsprechung obliegende Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit für den Überstundenprozess keine Bedeutung hat. Sie dient lediglich der Sicherstellung des Arbeitsschutzes. der Arbeitnehmer muss also weiterhin konkret die Anzahl der Überstunden, den Grund und dass sie vom Arbeitgeber veranlasst wurden.
Peter A. Aßmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht