- Unterhaltspflichten sollten unbedingt überprüft werden -

Mit Wirkung zum 01.01.2011 wurde die Düsseldorfer Tabelle mit ihren Unterhaltsbeiträgen und Selbstbehaltssätzen erneut überarbeitet. Die letzte Änderung war erst zum 01.01.2010 erfolgt. Früher wurde die Düsseldorfer Tabelle in einem zweijährigen Rhythmus angepaßt. Daß dies zur Zeit jährlich geschieht ist Ausdruck und Folge der Unterhaltsreform zum 01.01.2008 und der politischen Diskussionen um Fragen des Existenzminimums und Festlegungen von Hartz IV-Sätzen, die für den Bedarf, insbesondere minderjähriger Kinder, aber auch den Lebensbedarf der Unterhaltspflichtigen, bedeutsam sind.

Die Düsseldorfer Tabelle enthält abhängig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen, gegliedert nach 10 Einkommensgruppen und insgesamt vier Altersstufen, die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger noch unterhaltsberechtigter Kinder, wobei für die Einordnung auch die Zahl derjeniger maßgebend ist, für die Unterhalt gezahlt werden muß. Die aus der Tabellenübersicht zu entnehmenden Beträge beziehen sich in den einzelnen Einkommensgruppen auf Unterhaltsansprüche minderjähriger und volljähriger Kinder, sofern der Unterhaltspflichtige für insgesamt zwei Personen Unterhalt leisten muß.

Die Düsseldorfer Tabelle hat zwar keine Gesetzeskraft, sie wird aber gleichwohl von Gerichten, Jugendämtern und auch Anwälten angewendet wie ein Gesetz, ist also praktisch verbindlich.

Bei der letzten Änderung waren die Bedarfssätze erheblich, im Durchschnitt um 13 %, erhöht worden, während die sog. Selbstbehaltssätze gleich geblieben waren. Selbstbehalt bezeichnet den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen im Ergebnis nach Abzug der Unterhaltspflichten von seinem Einkommen mindestens verbleiben muß, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies wurde heftig kritisiert und war auch nicht nachvollziehbar, weil ja nicht einzusehen ist, daß sich zwar der Bedarf des Unterhaltsberechtigten, nicht aber des Unterhaltsverpflichteten, erhöht.

Der Kritik, aber auch den geplanten Anhebungen im Bereich Sozialhilfe/Hartz IV, sind die "Macher" der Düsseldorfer Tabelle jetzt gefolgt und haben die Selbstbehaltssätze, aber auch den Bedarfssatz des außerhalb des Elternhauses lebenden volljährigen Studenten angehoben. Hingegen sind die Tabellensätze für den zu zahlenden Kindesunterhalt unverändert geblieben. Die wesentlichen Änderungen im einzelnen:

1. Die Selbstbehaltssätze wurden wie folgt verändert:

  • des erwerbstätigen Unterhaltsschuldners gegenüber minderjährigen Kindern (Mindestselbst-behalt) auf 950,00 € (bisher 900,00 €)
  • gegenüber dem Ehegatten und der Mutter/dem Vater eines nicht ehelichen Kindes auf 1.050,00 € (bisher 1.000,00 €)
  • gegenüber volljährigen Kindern auf 1.150,00 € (bisher 1.100,00 €)
  • gegenüber Eltern beim sog. "Elternunterhalt" auf 1.500,00 € (bisher 1.400,00 €).

Dabei sind die in den Selbstbehaltssätzen enthaltenen Mietanteile unverändert geblieben. Hier ist bei der konkreten Berechnung immer zu prüfen, ob unvermeidlich höhere Wohnkosten vorliegen, da dies zur Erhöhung der Bedarfssätze führen kann.

2. Der Bedarf des außerhalb des Elternhauses lebenden volljährigen Studenten wurde angehoben auf 670,00 € von bisher 640,00 €. Darin sind 280,00 € als angemessene Miete enthalten (bisher 270,00 €).

3. Der Eigenbedarf des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt und bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen ist, wurde angehoben:

  •  gegenüber einem (nachrangigen) geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehegatten auf 840,00 
     € (bisher 800,00 €)
  • gegenüber volljährigen Kindern, die sich nicht mehr in einer allgemeinen Schulausbildung befinden, auf 920,00 € (bisher 800,00 €).

Aus diesen Änderungen folgt, daß Unterhaltspflichten, besonders Unterhaltstitel, in jedem Fall überprüft werden sollten. In vielen Fällen wird sich eine Entlastung des Unterhaltspflichtigen ergeben. Dies ist immer dann der Fall, wenn ihm bisher lediglich die oben genannten Selbstbehaltssätze, besonders der Mindestselbstbehalt von bis 900,00 € verblieben sind.

Die Praxis zeigt darüber hinaus, daß oft den Wohnkosten keine ausreichende Beachtung geschenkt wird. In dem Mindestselbstbehalt sind Wohnkosten von 360,00 € (Warmmiete) enthalten. Gerade in Ballungsgebieten, wie auch im Bonner Raum, dürfte es vielfach nicht möglich sein für diesen Betrag eine zumutbare Wohnmöglichkeit zu finden. Gerade im Hinblick auf die ständig steigenden Nebenkosten, besonders die Heizkosten, sollte auch nach Erhalt von Nachzahlungsforderungen immer geprüft werden, ob die Wohnkosten über diesem Betrag liegen und eventuell eine Unterhaltsänderung ermöglicht.

Die Düsseldorfer Tabelle nebst Anmerkungen einschließlich der Tabelle der Zahlbeträge finden Sie als PDF-Datei zum Ansehen und Herunterladen auf meiner Homepage unter "Informationen", Unterpunkt "Familienrecht".

Dort finden Sie auch die älteren Fassungen der Düsseldorfer Tabelle zum 01.01.2010, 01.01.2009 sowie 01.07.2008. Ferner finden Sie dort die im räumlichen Zuständigkeitsbereich des OLG maßgeblichen Kölner Leitlinien zur Düsseldorfer Tabelle. Diese enthalten insbesondere Hinweise zur Beurteilung einzelner Fragen im Zusammenhang mit der Unterhaltspflichtig.

 

Die abgedruckten Tabellen, Anmerkungen und Hinweise können für Sie bei der Unterhaltsberechnung allerdings nur ein erster Anhalt sein. Für Ihre konkrete Situation empfehle ich Ihnen dringend, insbesondere wenn sich möglicherweise noch sonstige Änderungen, etwa beim Einkommen etc. ergeben haben, eine genaue Unterhaltsberechnung durch einen Fachanwalt/eine Fachanwältin für Familienrecht. Dies auch vor dem Hintergrund, daß in den letzten Monaten zum Neuen Unterhaltsrecht zahlreiche Gerichtsentscheidungen ergangen sind, die einzelne Zweifelsfragen klären und im Einzelfall zu berücksichtigen sind.

 Verfasser: Peter A. Aßmann, Rechtsanwalt