Nach der Gesetzeslage (§ 1570 Abs. 1 BGB) kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre ab der Geburt Unterhalt verlangen. In diesem Zeitraum, also bis zur Vollendigung des dritten Lebensjahres des gemeinschaftlichen Kindes trifft den betreuenden Elternteil keinerlei Erwerbsobliegenheit, er muß also in diesem Zeitraum überhaupt nicht selbst arbeiten gehen, um sich zu unterhalten.

Das Gesetz sieht weiter vor, daß die Dauer dieses Unterhaltsanspruchs sich verlängert, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind, wie das Gesetz weiter regelt, die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Diese Regelung mit einem vollen Betreuungsunterhalt für die ersten drei Lebensjahre des Kindes und danach Unterhalt nur noch nach Billigkeitsgesichtspunkten, hatte mit der Unterhaltreform zum 01.01.2008 bekanntlich das früher geltende sog. „Altersphasenmodell" abgelöst, wonach der betreuende Elternteil in der Regel bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres des jüngsten Kindes gar nicht arbeiten gehen mußte und ab Vollendung des siebten Lebensjahres zunächst einer halbschichtigen Tätigkeit nachgehen mußte.

Nach der Unterhaltsreform hat diese Neuregelung zunächst in der Rechtsprechung unterschiedliche Beurteilungen erfahren. Die Oberlandesgerichte gingen teilweise zunächst davon aus, daß auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres im Rahmen der Billigkeit ein „eingeschränktes" Altersphasenmodell Platz greifen könne, mit der Folge, daß auch darüber hinaus zunächst der Umfang der Erwerbstätigkeit schematisch am Alter orientiert festgemacht werden könnte. Dies folgte dem Bestreben nach einfach zu handhabenden, an ohne weiteres objektiv feststellbaren Kriterien orientierte Regelungen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diesem Gedanken von Anfang an eine Absage erteilt und in mehreren Entscheidungen festgelegt, daß es ein Altersphasenmodell nicht mehr gibt, vielmehr nach Vollendung des dritten Lebensjahres im Rahmen der dann Platz greifenden Billigkeitserwägungen genau auf den Einzelfall abzustellen sei. In einer jetzt vorliegenden ganz aktuellen Entscheidung vom 30.03.2011 (Aktenzeichen IIX ZR 3/09) hat er noch einmal unterstrichen, daß im Rahmen der Prüfung eines verlängerten Betreuungsunterhalts nach Vollendung des dritten Lebensjahres aus kindbezogenen Gründen immer zunächst der Einzelfall dahingehend zu überprüfen ist ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise (als zu Hause durch den betreuenden Elternteil) gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Es gilt seit der Unterhaltsreform der Vorrang der außerhäuslichen Betreuung. Nur wenn dies überhaupt nicht möglich ist, was im Hinblick auf den zunehmenden Ausbau der Kindergärten und Kinderhorte nur noch in Ausnahmefällen der Fall sein dürfte, kann unterhaltsrechtlich eine weitere Betreuung über das dritte Lebensjahr hinaus Berücksichtigung finden.

Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil weiter erneut klargestellt, daß ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allen oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit abstellt, den Anforderungen der gesetzlichen Regelung nicht gerecht wird.

 

Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung noch einmal unterstrichen und damit gegen nach wie vor vorhandene kritische Stimmen gefestigt.

 

Verfasser: Peter A. Aßmann