16.06.2016

Bei der Trennung (und späterer Scheidung) der Eltern bleiben die Kinder, wenn kein Wechselmodell vereinbart wird, bei einem Elternteil und haben dort ihren Lebensmittelpunkt. Der andere Elternteil muss dann im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit Barunterhalt für die Kinder und oft auch für den Ehegatten zahlen, während der betreuende Elternteil seinen Unterhalt normalerweise durch Betreuung und Erziehung der Kinder  leistet.

Wie ist es aber, wenn der betreuende Elternteil über bedarsdeckende eigene Einkünfte verfügt und dem anderen Ehegatten nach Abzug des Kindesunterhalts weniger verbleibt als der betreuende Elternteil verdient?

Der Bundesgerichtshof hatte im November 2015 einen solchen Fall zu entscheiden. Der Kindesvater verdiente mehr als die betreuende Mutter. Nach Abzug des Kindesunterhaltes für zwei minderjährige Kinder lag sein Einkommen unter dem, das die Mutter durch ihre berufliche Tätigkeit neben der Kindererziehung erzielte. Da die Mutter jetzt wirtschaftlich besser stand als er, verlangte er Unterhalt für sich.

Der Bundesgerichtshof hat iihm den Unterhalt zugesprochen. Es sei zwar ungewöhnlich, dass sich ein Unterhaltsanspruch erst ergebe, weil ein Ehegatte Kindesunterhalt zu zahlen habe. Wenn dies aber zu einem Ungleichgewicht beim jeweiligen Einkommen für, sei dem durch einen Unterhaltsanspruch gegen die betreuende Mutter Rechnung zu tragen.

In der Praxis dürften solche Fälle häufiger werden. Das Unterhaltsrecht erwartet auch von dem betreuenden Elternteil, wenn die Kinder älter als drei Jahre sind, eine Erwerbstätigkeit bis hin zu einer vollschichtigen Tätigkeit. Zwar gibt es nach wie vor eine Ungleichheit bei den Erwerbseinkünften von Frauen und Männern. Immer mehr Frauen und damit auch Mütter verfügen aber  über Erwerbseinkünfte, nicht wesentlich unter denen ihrer Männer. Bei Zahlung von Barunterhalt für die Kinder kann sich das dann schnell umkehren. Soweit der betreuende Elternteil allerdings Mehraufwendungen hat, weil er neben der Kinderbetreuung berufstätig ist, sind diese zu berücksichtigen.

Bei solchen Konstellationen ist eine fachkundige Prüfung durch einen Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht unbedingt zu empfehlen.

Quelle: BGH, Beschluss vom 11.11.2015, Aktenzeichen XII ZB 7/45

 Peter A. Aßmann